Lissabon... Stadt mit marodem Charme

Städtereisen sind etwas schönes - wenn man sie richtig angeht. Busreisegruppen, organisierte Städteführungen und Sightseeingbusse sind nichts für mich. Ich finde, dass man eine Stadt am besten erkundet indem man isst und trinkt was vor Ort gegessen und getrunken wird und sich dort bewegt wo es einen eben hinzieht. Einfach drauf los! Dabei muss man unterscheiden zwischen dem teuren Lokal in den Touri-Centren und dem normalen Essen in landestypischen Lokalen. Ich gebe zu, dass letzteres nicht unbedingt einfach ist, denn neben Kenntnissen der Landessprache muss man Original-Lokale erst einmal finden. Hier bietet sich tatsächlich ein organisierter Rundgang an, eine Kulinarik-Sightseeing-Tour kann durchaus spannend sein. Diesmal zog es mich nach Lissabon, wohin ich meiner Borussia gefolgt bin. Und wie es sich für Reisen ins südliche Europa gehört, stand Fisch und Meeresfrüchte im Vordergrund.

Die Stadt Lissabon hatte einst Geld. Dafür sprechen die umfangreichen Marmor-Bodenbeläge im Großformat. Leider hat die Stadt, wie Portugal insgesamt, etwas Federn gelassen, was insbesondere an den maroden Fassaden und Leerständen in bester Downtown-Lage zu erkennen ist. Von einem deutschen Gastronom haben wir erfahren, dass komplexe Eigentumssituationen durch Erbengemeinschaften an der fehlenden Sanierung ebenso Anteil haben wie die wirtschaftliche Situation der Stadt, die in den letzten 30 Jahren von 800.000 auf 500.000 Einwohner geschrumpft ist.

Dennoch hat die Stadt, die eigentlich ein großes Dorf ist, viele schöne Plätze und Aussichtspunkte, was insbesondere auch in der hügelige Landschaft begründet liegt.

Kulinarisch hat Lissabon einiges zu bieten. Als besondere Delikatesse wird in Portugal Bacalhau (Stockfisch) serviert und an jeder Ecke verkauft. Stockfisch ist im Grunde etwas sehr simples, nämlich getrockneter Fisch unterschiedlicher Gattungen. Nach einer längeren Wässerung wird der Fisch gegrillt, gebacken oder gebraten und mit klassischen Beilagen wie Kartoffeln, Brot oder Salat, serviert. Auch Kroketten aus Stockfisch gibt es in jedem Imbiss und scheint nicht nur als Touri-Attraktion, sondern auch bei Einheimischen beliebt zu sein. Man sollte den Stockfisch definitiv einmal gegessen haben, geschmacklich was das top, aufpassen sollte man jedoch mit den Gräten.

Sehr lecker waren die Herzmuscheln, die ich am ersten Nachmittag gegessen habe. Herzmuscheln gibt es vielen Restaurant in ganz unterschiedlichen Variationen, als Tellergericht oder Suppe. Meine Portion wurde mit einer leichten hellen Weißwein-Koriandersauce serviert. Wer frischen Koriander mag, wird das Gericht lieben.

Dazu 18 Grad Sonnenschein und ein köstlicher trockener Weißwein in den engen Kopfsteinpflaster-Gassen von Lissabon. Was will man mehr?!

Ich habe in Lissabon viele leckere Gerichte gegessen. Hervorragende Tintenfischtentakel mit Knoblauch und Olivenöl, heiße gesalzene Maronen und selbst die Currywurst nachts um 1 wäre es Wert erwähnt zu werden. 
Besonders erwähnen möchte ich jedoch einen Laden, den wir zufällig entdeckt haben. Dabei handelte es sich um eine frühere Ölsardinen-Konserven-Fabrik, die Lola das conservas. Hier wird heute die Ölsardine wie auf dem Altar angebetet, geschmackvoll präsentiert und verkauft. Sogar relativ günstig, wenn man bedenkt, dass es sich bei der Ölsardine um ein dank der alten Tradition authentisches Andenken an das schöne Lissabon handelt. So habe ich mit auch ein paar Dosen gegönnt. Über den Geschmack werde ich nach der Verköstigung berichten.

Fazit: Lissabon ist eine Reise wert. Auch wenn es sicher spektakulärere Hauptstädte in Europa, vor allem auch in Südeuropa zu besichtigen gibt, so hat Lissabon einen besonderen Charme, der nicht zuletzt durch die Freundlichkeit der Einwohner zurückzuführen ist.

Kulinarisch kommt man in Lissabon voll auf seine Kosten. Ob preisgünstig oder teuer, ob Imbiss oder Feinkostrestaurant, in Lissabon ist für jeden Geschmack und Geldbeutel genügend Auswahl vorhanden.